Das ist eines meiner Lieblingsprojekte, die ich als
Kulturdezernent in Karlsruhe initiiert habe. Es symbolisiert, dass
die Freude an Essen und Trinken uns, „ganz unverkrampft"
als schöner Teil des Lebens begleiten sollte:
Essen und Trinken sind mehr als nur Ernährung. Sie sind
Teil unserer Lebenskultur.
Und nicht der Geringste, wie die unzähligen Überlieferungen über
die Bedeutung von Essen und Trinken in allen Kulturen, wie die unzähligen
Musikstücke, Romane und Kunstgemälde auch aus den Zeiten unserer
Vorfahren zeigen. Wir haben den Bezug zum Essen als Teil der
Kultur verloren. Das hat eine Jahrzehntelange Tradition. Tomaten
wurden schöner und größer, aber geschmackloser; Apfelsorten
wurden austauschbar; der Rettich war plötzlich nicht mehr
verhutzelt und scharf, sondern armdick und fad; Forschung und
Bauern arbeiteten erfolgreich daran, dass sich der Geschmack von
Schwein, Kalb und Huhn rasant aufeinander zubewegte. Und der
Verbraucher, keineswegs das unschuldige Opfer, ließ sich's
gefallen. Schön fürs Auge und billig für den Geldbeutel – das
war und ist ihm wichtiger als gutes Geld für natürliche und
aromatische Ware zu zahlen. Massentierhaltung mit Antibiotika und
Hormonspritzen, Pestizide in Gemüsen und den vielen
austauschbaren, knackig-geschmacksneutralen Salaten – der
Verbraucher wusste alles, aber wissen wollte er von nichts. PSE
(„pale, soft, exudative"; wer erinnert sich nicht an das
Hormonfleisch, das in der Pfanne Wasser zog?) war nur die Vorstufe
zu BSE.
Deshalb ist BSE, ist die Bekämpfung von Tierkrankheiten
und von chemischen Rückständen in Lebensmitteln zwar natürlich
eine Frage der Gesundheit, aber ganz gewiss auch eine Frage der
Einstellung zur Ernährung und damit eine Frage der Kultur. Und
den Verbraucher müssen wir wohl auch schützen, aber ihn vor
allem wieder zu einem kritikfähigen und differenzierungswilligen
Esser machen.
Was wollen wir vermitteln?
-
Die Freude am Genuss und an dem Erlebnis der Begegnung beim
Essen und Trinken.
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Den Zuwachs an Lebensqualität durch geschmackliches
Differenzierungsvermögen.
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Den Zusammenhang zwischen hoher Qualität und der
Verwendung frischer, regionaler und saisonaler Produkte.
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Das Gefühl für nachhaltiges Leben: Regionale Versorgung
erhält Natur und Umwelt.
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„Langsame" Ernährung steigert die Lebensfreude.
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Die Bedeutung des Essens zu allen Zeiten und in allen
Kulturen.
Wie soll das gelingen? - Durch Überzeugung.
Wer Verhalten ändern will, erreicht wenig, wenn er mit dem
Zeigefinger droht oder mit Verboten arbeitet. Wer Fleisch essen
will, soll das gerne tun. Und wen die Kinder über die Schwelle
von McDonald's ziehen, soll sich nicht gleich vermummen müssen.
Wichtig ist die nachhaltige Überzeugung durch Qualität und
Geschmack, durch einen allmählich spürbaren Zuwachs an
Lebensqualität. Der erwünschte Schritt von Fast food zu Slow
food ist dann ein individueller und freiwilliger.
Was sind unsere Grundsätze?
Von herausragender Bedeutung sind für uns die Qualität
der verwendeten Produkte und das Geschmackserlebnis.
Wer LebensART Karlsruhe unterstützt, verwendet, wo
immer es geht, frische Produkte und behandelt sie bei der
Weiterverarbeitung so schonend, dass ihr Eigengeschmack erhalten
bleibt.
Durch Verwendung regionaler und saisonaler Produkte will LebensART
Karlsruhe kurze Wege zwischen Erzeuger und Verbraucher sowie
die Erhaltung der traditionellen Kulturlandschaft unserer Region
im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung unterstützen. Trotz
bevorzugter Verwendung regionaler Produkte und der Empfehlung des
Erhalts traditioneller Gerichte und Bräuche schließt LebensART
Karlsruhe auch die vielen ausländischen Erzeuger und
Verarbeiter unserer Region ein, die sich an unseren Grundsätzen
orientieren. Qualität und Geschmackserlebnis sind nicht von der
Stärke des Geldbeutels abhängig.
LebensART Karlsruhe verzichtet, wo immer möglich,
auf die Verwendung chemischer Zusätze, deklarationspflichtiger
Stoffe und vorproduzierter Halbfertigware. |